Energie für den Winter

Ob die Sonne rauskommt bevor sie untergeht? Ich wache auf mit einer Anzeige BATTERY LOW vor Augen. Ich weiß, dass ich selbst zu Äußerungen fähig bin, dass es toll ist, so kann man sich auf die hellen Tage freuen, ohne das Schwarz-Weiß des Lebens wäre es monoton und so. Manchmal glaube ich auch dran.

Hochbeet im Garten mit Kapuzinerkresse

(Scroll down down down for the English summary)

Diese Zeit kurz vor dem kürzesten Tag des Jahres ist diesmal buchstäblich düster. Nicht nur draußen, auch die Stimmung, die Nachrichten, die Prognosen, die Zahlen, die depressiven Phasen der Freunde, der fehlende Bock zu irgendwas.
Alldem zum trotz klebe ich nicht wie unsere Hausschnecke Beanie wochenlang an der Wand im ihr-könnt-mich-mal-Modus, sondern versuche den inneren Animateur zu wecken, damit er mich für fünf Minuten für irgendwas begeistert… Zum Beispiel, Fotos zu sortieren.

Aufnahme aus einem Garten rosa Blumen und Sträucher
Ansicht der Blumen in einem Vordergarten

Wir haben keinen Garten, nur etwas Balkonien, aber wir haben Gartenfreundschaften.
Das bedeutet, dass wir uns oft im Sommer in einem nicht eigenen Garten mit einem Schlauch in der Hand hinstellen und wässern. Oder paar Blätter aus der Kräuterkiste entwenden dürfen. Blumen eher nicht, die erfreuen uns draußen, wie haben kein Bedürfnis sie in Vasen zu stecken. Oder was anbinden, das gerade umknickt. Oder im Regen zu einem Glashaus radeln, damit die Tomaten gegossen werden.
Oder einen Auftrag haben, etwas zu ernten, wenn – o Pech! – jemand Urlaub macht in der Erntezeit. Secondhand Gartenliebe?
Gartenhaus in einem Schrebergarten durch Büsche gesehen
Diese Gartendienste zeigen mir immer deutlicher, wie sehr ich mir einen eigenen Garten wünsche. Die Balkonien machen sehr viel Spaß und sind ein extra Zimmer in der warmen Zeit, aber der Kontakt mit der Erde ist da nicht wirklich möglich. Ein Garten ist so viel mehr als das, auch viel mehr Arbeit und Verantwortung, das Wissen, das ich nicht habe und Zeit und Geduld…
Roter Busch in einem Garten Gartenansicht
Zum Glück gibt es also die Gartenfreundschaften und der Kontakt mit dem echten Grün findet statt. Manchmal wird es uns nicht leicht gemacht, zum Beispiel die Bienenstöcke von B. haben einen Auftragskiller in ihren Reihen, einen durchgeknallten Bzzz-Flieger, der ehrenamtlich im Alleingang so furchtlos und unnötig nervt, bis er schließlich gewinnt und uns samt Fahrräder aus dem Grundstück vertreibt.
Ansicht eines Gartens Echinacea große Blumen
Wenn ich das jetzt im Dunkeln tagsüber schreibe, schaue ich die Fotos aus den Gärten an, unsere Bilderernte. Der kühle Schatten unter dem Baum, der Duft der nassen Erde, das Rauschen des Blattwerks im Wind – eigentlich ist das nicht auf den Bildern verewigt, aber es melden sich alle Ebenen, wenn ich die anschaue.
Wie H. das sagt: Gärten sind das Paradies auf Erden.
Wenn ich alte Aufnahmen aus Städten sehe, fällt es mir auf, dass Straßen oft einfach Funktionsräume waren, zum gehen und fahren, Balkone hingen ohne Geranien und Tomaten auf den Fassaden, die Bedürfnisse und die Möglichkeiten sind jetzt anscheinend anders. Die Begrünung von jedem kleinsten Topf, Wiesenblumen um die Bäume herum gesät, Guerilla Gardening, jeder Versuch zählt. Der Gegenpol kann auf dieser Seite bewundert werden (Nichts für Leute mit schwachen Nerven!).
Hochbeet in einem Garten mit Kapuzinerkresse
Die Aufnahmen aus dem heißen Sommer sind also Energieträger.
Etwas in mir sagt, dass es schneller sein wird als ich denken kann, da werden wir hoffentlich wieder mit dem Schlauch stehen oder Reineclauden pflücken, es wird auch geschimpft, dass die Hitze, die Mücken, der einsame Bienenkämpfer… Das scheint jetzt nicht real zu sein. Aber wir haben Beweise!
Und es sind nicht nur Bilder.
Energie für den Winter Töpfe beim Kochen der Konfitüren
Das Obst, das wir mit ernten dürfen, wird zur Konfitüre. Ritualisiertes Entkernen auf dem Balkon, dunkelbraune Finger, das Rühren, der Blupp, der immer dunkler werdende Bernstein im Topf. Und dann rein in die Gläser, keine omahaften Hütchen, Schleifchen oder Aufkleber, ganz simple Etiketten aus dem abgerissenen Kreppband mit kaum lesbarer Beschriftung, auskühlen, fertig. Die geballte Ladung Energie für die dunkle Jahreszeit.
Danke, liebe Gartenfreunde!
Selbstgemachte Marmeladen in Gläsern in einem Schrank

ENGLISH SUMMARY: Energy for the winter
Will the sun come out before it sets? I wake up with a BATTERY LOW indicator in front of my eyes. I know I’m capable of expressing myself that it’s great, so you can look forward to the bright days, without the black and white of life it would be monotonous and so on. I sometimes believe in it too.
This time just before the shortest day of the year is literally gloomy. Not only outside, but also the mood, the news, the forecasts, the numbers, the depressive phases of friends, the lack of desire to do anything.
Despite all this, I don’t stick to the wall for weeks like our pet snail Beanie in get-off-me mode, but try to wake up the inner animator so that he gets me excited about something for five minutes… For example, sorting photos.
We don’t have a garden, just some balcony space, but we do have gardening friendships. That means we often stand in a garden we don’t own in the summer, hose in hand, and water. Or we are allowed to steal a few leaves from the herb box. Flowers rather not, they please us outside, we don’t feel the need to put them in vases. Or tie up something that has just fallen over. Or cycle in the rain to a greenhouse to water the tomatoes. Or have a job to harvest something when – oh bad luck! – someone is on holiday during harvest time. Second-hand garden love?
These gardening services show me more and more clearly how much I would like to have a garden of my own. Balconies are great fun and an extra room in the warm months, but contact with the earth is not really possible there. A garden is so much more than that, also a lot more work and responsibility, the knowledge I don’t have and time and patience…
So fortunately there are the garden friendships and the contact with the real green takes place. Sometimes it’s not made easy for us, for example B’s hives have a hired gun in their ranks, a crazed bzzz flyer who volunteers to single-handedly annoy us so fearlessly and unnecessarily until he finally wins and drives us out of the property, bikes included.
Writing this now in the dark during the day, I look at the photos from the gardens, our harvest of pictures. The cool shade under the tree, the scent of the wet earth, the rustling of the leaves in the wind – actually, that’s not imbedded in the pictures, but all levels come up when I look at them. As H. says: gardens are paradise on earth. When I see old photographs of cities, it strikes me that streets were often simply functional spaces, for walking and driving, balconies hung without geraniums and tomatoes on the facades, the needs and the possibilities are apparently different now. The greening of every smallest pot, meadow flowers sown around trees, guerrilla gardening, every attempt counts. The counterpoint can be admired on this page (Not for people with weak nerves!).
So the shots from the hot summer are sources of energy. Something in me says it will be sooner than I can think, hopefully we will be back with the hose or picking greengage plums, there will also be rants about the heat, the mosquitoes, the lone bee fighter… It doesn’t seem real now. But we have proof!
And it’s not just pictures.
The fruit we get to help harvest becomes jam. Ritualised coring on the balcony, dark brown fingers, the stirring, the blupp, the ever darkening amber in the pot. And then into the jars, no grandma-like hats, bows or stickers, very simple labels made from torn masking tape with barely legible lettering, cool down, done. A concentrated load of energy for the dark season. Thank you, dear gardening friends!

5 Gedanken zu „Energie für den Winter

  1. „Omahaft“, ich darf – ich bin Oma. Wir haben ein gemeinsames Faibel: Marmelade kochen, in
    …zig Varianten. Aber dann kommt die „Oma“ zum Vorschein: Ein verschlossenes Glas bekommt
    den letzten Schliff, die Dekoration. Das tut dem Wohlgeschmack der Marmelade keinen
    Abbruch. 🤭 Die Blumenpracht Deiner Fotos ist eine Augenweise, erst recht in der jetzigen,
    überwiegend grauen Jahreszeit. Und plötzlich spürt man sie: Die Sehnsucht nach Frühling, mit
    allem, was dazu gehört.
    Danke für Deinen wunderschönen Bericht!
    LG, Gerda

    1. Danke, Gerda! Nichts gegen Omas, die halten die Welt zusammen! Ich freue mich, dass die Gartenfotos an einem dunklen Tag gewirkt haben.

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