Porträts der Räume

“Die Bilder stellen das alltägliche Leben dar. Diese Studien der häuslichen Umgebung erzeugen den Eindruck, dass der Bewohner den Raum gerade verlassen hat oder jeden Moment zurückkehren wird, um einen entspannten Moment mit Freunden zu genießen. Durch das Platzieren des Gemäldes in dem dargestellten Raum wird das allmähliche Fortschreiten der Zeit sichtbar gemacht, die Erinnerung des Raumes wird bewahrt. Denn während der Raum sich verändert, bleibt das Gemälde gleich; es ist eine Umkehrung der Geschichte von Dorian Gray in der Raumgestaltung.“
Dr. Deborah Schultz, Kunsthistorikerin, London

Ölbild Magda Jarzabek von einem Raum mit blauen Pendelleuchten und Kachelofen

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Wie, Räume kann man auch porträtieren?

Räume zu porträtieren ist meine Art, sich mit ihnen auseinander zu setzen. Die Faszination von der Verbindung, die Menschen mit ihren Räumen aufbauen, führte mich vor vielen Jahren dazu, bestimmte räumliche Situationen festhalten zu wollen. Genius loci, auch wenn der Begriff etwas staubig klingt und esoterisch angehaucht zu sein scheint, so etwas gibt es. Wenn ich einen Raum darstellen kann, bin ich in jeder Ecke, habe mit jeder Farbnuance zu tun, sehe Bezüge und funktionale, auch ästhetische Vorlieben der Menschen, die das alles so und nicht anders haben wollen.

Ein Ölbild von Magda Jarzabek mit einem grünen Ohrensessel am Fenster Raumporträt Stimmung

Ich bestehe darauf, eigene Fotos zu benutzen, bisher mit nur einer Ausnahme, wo ich aber dem Blick des Fotografen hundertprozentig vertrauen konnte. Aus mehreren Aufnahmen suche ich aus, setze zusammen, bis sich ein Bild manifestiert, das in Öl für mich funktionieren könnte.
Die Stunden danach, Anpassung der Farbtöne und Strukturen, das Ganze und Details gleichzeitig im Blick und am Ende eine Vortäuschung der Tiefe, die Wiedererkennung und doch eine eigenständige Arbeit, die möglicherweise nie mit dem porträtierten Raum konfrontiert wird. Aber wenn das passiert, und das ist eigentlich die Grundidee bei dem Projekt, landet so ein Porträt in eben diesem, seinen Raum und baut eine Spannung auf.

Ölbild von Magda Jarzabek Einblick von oben in eine Wohnung modern gesteltet

Der abgebildete Moment steht still, das Leben geht für den wahren Raum weiter. Jetzt ist auch das Porträt zu einem Element des Raumes geworden und mit jeder Sekunde entfernt es sich unweigerlich von dem Ur-Zustand. Auch wenn in dem tatsächlichen Raum alles wie im Bild geblieben wäre, was aber meistens nicht der Fall ist und was es für mich am spannendsten macht. Der umgekehrte Dorian Gray eben.

Ölbild von Magda Jarzabek Raumporträt einer leeren Wohnung mit Parkett und altem Kronleuchter
Welche Räume für mich in Frage kommen, ist nicht egal: Das, was ich einfangen möchte, beherbergt tiefe Emotionen. Durch das Studieren der Komponenten im Raum, erlebe ich sie als bisher wenig beteiligte Beobachterin mit.

Heute, gerade beim Blättern von Raumeinblicken auf Instagram und ähnlichen Plattformen, ist das Sehen auf einen Bruchteil der Sekunde begrenzt. Der reale Raum entsteht in der Dynamik seiner Sedimente manchmal über Jahre.
Diese Kollision der Betrachtung, des konsumierenden Blicks mit den Prozessen im realen Aufbau ist ein Punkt, wo die Achtsamkeit sich meldet, hey, schau genau hin, was macht diesen Ort aus? Und für mich ist das Porträtieren die beste, meditative Methode, wirklich hin zu schauen.

Ölbild von Magda Jarzabek Einblick in eine Dachgeschosswohnung mit Holzmöbeln und ornamentalen Teppichmustern

Wer mich mit dieser Aufgabe beauftragt, hat eigene Gründe – ein Geschenk an die Person, die das gemeinsame Leben mitgestaltet, eine Erinnerung vor dem Umzug, eine Trauer nach einem Ort, der nicht mehr sein wird, aber noch greifbar ist. Festhalten, vor dem Loslassen.

Oder einfach weil man sich darin selbst gespiegelt sieht und den Anblick genießt.
Ich sehe das als Privileg, dazu eingeladen zu sein und bin offen, wenn sich ein neues Projekt ergibt. Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie eine Idee haben.

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Ölbild von Magda Jarzabek Raumporträt Dachgeschoss Abendstimmung mit starkem Licht

ENGLISH: Room portraits
“The paintings depict everyday life. These studies of domestic spaces give the impression that the inhabitant has just left the room or will return at any moment to enjoy a relaxing moment with some friends. By locating the painting of the room within the room itself a sense of the gradual passing of time is made visible, preserving the memory of the room. For while the room changes the painting remains the same, a kind of reverse Dorian Gray in interior design.“
Dr Deborah Schultz, Art Historian, London
What do you mean, rooms can also be portrayed?
Portraying spaces is my way of dealing with them. Many years ago, my fascination with the connection that people build with their spaces led me to want to capture certain spatial situations. Genius loci, even if the term sounds a bit dusty and seems to have esoteric overtones, there is such a thing. If I can depict a space, I’m in every corner, dealing with every nuance of colour, seeing references and functional, also aesthetic preferences of the people who want it all that way and not otherwise.
I insist on using my own photos, with only one exception so far, where I could trust the photographer’s eye one hundred percent. I select from several shots, assemble until an image manifests itself that could work for me in oil.
The hours after that, adjusting hues and textures, looking at the whole and details at the same time and ending up with a simulation of depth, recognition and yet a work in its own right that may never be confronted with the space portrayed.
But when that happens, and that is actually the basic idea in the project, such a portrait ends up in just that very space, and builds up a tension. The moment portrayed stands still, life goes on for the real space. Now the portrait has also become an element of the room and with every second it inevitably moves away from the original state. Even if in the actual room everything would have remained as in the painting, which is usually not the case and what makes it most exciting for me. The reverse Dorian Gray, in fact.
Which rooms come into question for me is not irrelevant: what I want to capture accommodates deep emotions. By studying the components in the space, I experience them as a hitherto little-involved observer.
Today, especially when scrolling through glimpses of space on Instagram and similar platforms, seeing is limited to a fraction of a second. Real space emerges in the dynamics of its sediments sometimes over years. This collision of the viewing, the consuming gaze with the processes in the real construction is a point where mindfulness announces itself, hey, look closely, what makes this place? And for me, portraiture is the best, meditative way to really look.
Those who commission me to do this have their own reasons – a gift to the person who helps shape their life together, a memory before moving away, a sadness for a place that will no longer be but is still within reach. Holding on, before letting go. Or simply because you see yourself reflected in it and enjoy the sight. I see it as a privilege to be invited to do this and am open if a new project arises. Let me know if you have an idea.
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4 Gedanken zu „Porträts der Räume

  1. O Magda, wie sehr liebe ich diese Bilder von Dir, ich spüre, wie meine Seele mitschwingt mit dem, was Du dazu sagst und wie ich beides – Deine Gemälde und Deine Worte förmlich aufsauge!!
    Danke für Deine wunderbare Kunst. Ulla B.

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