Aus allen Fotos der letzten Tage suche ich die aus, die meiner Weihnachtsstimmung in diesem Jahr am besten entsprechen. Die unscharfen.
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Ein schönes Wort – Christmess, meistens für die Beschreibung der Unordnung danach verwendet, bedeutet für mich das ganze Drumherum.
Gerade habe ich meine Texte vom letzten Jahr gelesen, hier und hier – meine Einstellung ist unverändert, möglicherweise leicht vertieft. Nur letztes Jahr gab es noch nicht das Wort mit C, was 2020 zu einem völlig anderen Jahr gemacht hat.
Es erfordert eine Umstellung, die wir mit Verständnis hinnehmen: Das Zusammensein mit Familie wird diesmal nicht stattfinden. Was eigentlich am Wichtigsten wäre…
Das Fest hat eine eindeutige Verlinkung zur Kindheit, damals wurde ein Anker gesetzt und wzzzt – bin ich sofort dorthin gebeamt. Eine Verwandlung, an die ich mich gut erinnere: Von dem Wesen, das immer beschenkt worden ist, wird ein Kind irgendwann zum Schenkenden, am Anfang ziemlich symbolisch, übernimmt es die Rolle für die Familie. Je älter alle werden, umso mehr. Das Kribbeln beim Vermuten, was man kriegt, wird zur Freude am Freudemachen.
Wenn man es merkt, dass es zum Zwang wird, kann sich das bei allgemeiner Einverständnis auflösen. Welche Freude, nicht mehr unerwünschte Dinge zu bekommen. Und an dem zwanghaften Marketingritual teilzunehmen. Juhu.
Dieses Jahr hat die Läden für Last Minute Käufer geschlossen, umso mehr läuft online: Pakethelden versuchen alles rechtzeitig zu liefern und hören sich noch das Gemecker wegen schiefer Parkplatzlage an. Große Läden werden dabei nicht verschwinden, viele kleine sind aber an ihre Grenzen gekommen, die Hoffnung Weihnachtsgeschäft sieht diesmal trüb aus. Ich sehe sehr viel Unterstützung für Lokales und hoffe, dass es reicht…
Der Anker zu den Erinnerungen ist vor allem in den schiefen 60-er Jahre Pappkartons mit Weihnachtskugeln versteckt. Die waren nämlich Zeugen der Rituale, die meine Mutter Jahr für Jahr im Fotoalbum gesammelt hat. Kleine gelbe Schrift: Vierter Weihnachtsbaum in ihrem Leben. Auf dem Foto ich und M und M, 3xM also. Wie schön, dass wir trotz aller Entfernungen immer noch zusammen halten! Und da ist sie wieder, die Unschärfe, wenn man durch die Tränen guckt.
Dieses Jahr ist anders, plötzlich hat man Leute im Internet, denen man Gutes wünscht, obwohl man ihnen nie begegnete. Themen sind auch anders, die bittere Isolation rückt bei vielen Menschen in den Vordergrund und ihr Sinn wird oft verdrängt. Wie alles, was oft wiederholt wird, stumpft vieles ab. Bodenlose Dummheit wird für Mut gehalten.
Es ist eine Kunst, aus jeder Situation das Beste zu machen, ja, das klingt sehr banal. Eine Freundin von uns ist eine wahre Meisterin dieser Kunst: Sie feierte nämlich Weihnachten mit ihrer Tochter und Enkelin spontan im Oktober. Da sie sich getroffen haben und feststellten, dass die Wahrscheinlichkeit eines Treffens zu Weihnachten schwand, haben sie alles organisiert, köstlich gekocht und dekoriert. Geht doch!
Auch für alle, die nicht vorgefeiert haben, wird es irgendwann vorbei sein. Was nämlich nicht zu übersehen ist: Seit 21.12 werden die Tage länger. Mehr Licht (falls die Sonne rauskommt, ehe sie untergeht), wir steuern aus der dunkelsten Phase heraus.
Das wünsche ich uns allen. Und eins noch – dass wir das, was für uns als Kinder diese Feiertage ausgemacht hat, nicht verlieren: Die Magie.
für mich der wichtigste satz: Bodenlose Dummheit wird für Mut gehalten.
viel licht innen und außen, das wünsche ich dir.
Liebe Christiane, danke, ja manchmal ist es schwer, wenn man sich vorgenommen hat, positiv zu schreiben. Mit besten Wünschen! M
Vielleicht ist es ganz gut, sich die „Unschärfe“ im Blick dieses Jahr noch einige Zeit zu bewahren und zu warten und zu hoffen, was noch kommen könnte: Unschärfe an sich hat ja auch etwas Weiches, Wattiges und beinhaltet immer die Option, sich zu Schärfe zu klären: vielleicht lässt sich dieser Zeitpunkt des „Scharfstellens“ ja willentlich beeinflussen oder zumindest bewusst wahrnehmen, was wiederum für uns Kreative immer ein Quell ist – in welcher Richtung auch immer…
Danke Antje! Ja, das denke ich auch, und das Spielen mit der Unschärfe bei den Fotos hat mich auf viele neue Ideen gebracht. Also machen wir scharfsinnig weiter…!