Wenn ich an die gefilterte Realität denke, kommt mir eine Erzählung in den Sinn.
Das war eine der ersten Science Fiction Kurzgeschichten, die ich in irgendeinem Magazin als Jugendliche gelesen habe. Es wurden darin Außerirdische beschrieben, die nach intelligentem Leben auf der Erde suchen. Das tun sie im Meer, da sie der festen Überzeugung sind, dass Leben nur im Wasser möglich sei. Klar doch.
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Sie finden einen Wrack und begeben sich in eine der Kajüten, wo sie eine Schwarzweißfotografie von einer Frau mit einem Hund an der Leine finden. Ihre Schlussfolgerungen sind: Einfache Lebensformen, die farbenblind waren und in einer Symbiose, verbunden durch einen Neuronenstrang existierten. Enttäuscht, fliegen sie weiter, um einen anderen Planeten abzuhaken. Wenn jemandem diese Geschichte bekannt ist, wäre ich für Details dankbar.
Die Erzählung muss mich damals schwer beeindruckt haben, diese hoffnungslose Arroganz, Selbstsicherheit, Tunnelblick, Scheuklappismus.
Also: Ich sehe Farben. S/W Fotografie und Film haben eine unglaubliche Stärke, keine Frage.
Ein Bild in Schwarzweiß mit den ganzen Graustufen dazwischen lässt die Komposition der Formen wirken, ohne Ablenkung durch Farbtöne. Und lässt auch Raum für die eigene Vorstellung, welche Farben im Bild tatsächlich zu sehen wären.
Bei alten Fotos fällt es auf, dass Schwarzweiß nicht gleich Schwarzweiß ist, die Töne von Blauschwarz bis Braunschwarz, leicht vergilbtes Weiß…
Besonders deutlich manifestiert sich das bei Druckgrafik, die Farbe kommt da gleich in Dosen mit Etiketten Braunschwarz oder Blauschwarz, daraus lassen sich die ganzen Nuancen vom leckeren Fast-schwarz mischen, die ich so gut riechen kann…
Wenn S/W dann bitte richtig, aber Filter, die da plötzlich auch einen Schokopudding-Ton dazu erlauben… Da habe ich eine neue Art Allergie entwickelt.
Sie sollen die Ästhetik zeigen, wo puristisch alles von Farbe so ausgelaugt ist, das Holz fast immer grau und Stoffe nude und selbst die Pflanzen wagen es nicht, grün zuzugeben.
Deshalb empfinde ich dieses Filtern als Trick, ja manchmal sogar als Betrug.
Auch in Räumen, die weiße Wände haben und Holzgegenstände und minimale Akzente, die ohne kräftige Farbtöne, gezielt zurückhaltend arrangiert sind – auch dort projiziert ab und zu die Abendsonne einen roten Lichtfleck an die Wand. Auch in diesem begrenzten Spektrum befinden sich tausende Nuancen. Wenn man sie auf den Abbildungen nicht zulässt, zeigt man wohl wenig Vertrauen in das Konzept.
Das heißt, das Konzept geht nicht auf, man muss nachhelfen. Ist es klar, was ich meine?
Dazu wird ein Bild vermittelt, das nicht erreichbar ist. Nachahmer*innen versuchen vergeblich den Look zu erreichen… und verzweifeln.
Was mich dabei enttäuscht ist, dass es eine fiktive Ästhetik ist, die zwar als Fotokunst ihren Charakter hat, die aber etwas vortäuscht – und gerade bei Slow Design, Nachhaltigkeit und Entschleunigung finde ich es unheimlich wichtig, die Wahrheit der Dinge zu entdecken, weil es uns helfen kann, zu uns selbst zu finden. Ohne Filter!