Fernost Mix: Höhe gewinnen und Einiges abwerfen

Es ist wie bei dem Start einer Rakete, die einen Satelliten oder Sonde auf die Umlaufbahn oder noch weiter transportiert. Für den ersten Schub werden zusätzliche Teile gebraucht und die dürfen, nach der Erfüllung ihrer Funktion, wieder abfallen. Danach werden sie in der Erdatmosphäre verglühen oder sind für erneuten Einsatz konzipiert, andere Stufen trennen sich später ab und werden dann zu Weltall-Schrott.
Genauso, wie ein Mensch Höhe gewinnen und Einiges dabei abwerfen kann.
Und so ist die heutige Zeit Auslöser und Beschleuniger für viele Prozesse, die sonst viel langsamer oder gar nicht stattfinden würden. Und Fernost Mix? Kommt auch.

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(Scroll down down down for the English summary)

Was hat sich bei mir seit Mitte März (diesmal nicht in Sachen Arbeit, Geldnot, Home Office und so, auch nicht global, politisch, ökologisch, statistisch) verändert? Auf der ganz persönlichen Ebene sind viele Sachen abgefallen, die Veränderungen hatten aber bereits früher ihren Anfang. Völlig prosaisch: Ich habe meine eigene Haarfarbe wieder. Die Phase von „Nachwuchs“ habe ich überstanden und da ist er, der melierte Straßenköter. Dafür hat sich die Struktur des Haars etwas erholt und an die Locken erinnert, die durch Färbung keine Kraft hatten.
Auch aus dem Bereich Aussehen: Ich habe immer gerne Ringe und Armreife getragen, die bleiben jetzt zu Hause, weil ich sie nicht ständig waschen möchte.

Fernost Mix China Teller mit Drachen

Es gibt aber eine Sache, die ich sehr vermisse – Lippenstift. Klar, dort, wo Maske getragen wird, lasse ich es. Also meistens. Ich bin froh, dass ich auf meinem Gesicht keine Foundations oder Rouges dulden kann, denn damit hätte ich jetzt ein Problem gehabt. So würde eine Maske die andere Maske zum Fallen bringen! Solche kleinen Äußerlichkeiten.
Ich glaube, ein oder zwei Mal innerhalb dieser vier Monaten mein Eau de Toilette benutzt zu haben. Als hätte ich das Gefühl, dass es meine Aufmerksamkeit ablenken könnte. Ganz anders als viele Damen, die gerade den Duftvorhang als Waffe gegen die Pandemie einsetzen.
Fernost Mix Muster auf Porzellantellern
Dieses Weglassen, es passiert einfach. Ich beobachte es, weit davon entfernt, mich aus diesem Anlass unglücklich oder begrenzt zu füllen. Es ist eine Gelegenheit zu schauen, was uns normalerweise im Leben begleitet, aber nicht ein inneres Bedürfnis dafür verantwortlich ist. Wird die Rakete so viel leichter in die Höhe fliegen? Das kann ich jetzt noch nicht sagen.
Aber Raketen pflegen es selten, ihre abgefallenen Teile wieder aufzusammeln, oder?

Es wäre so schön, wenn einige Kleinigkeiten auf Dauer abfallen würden, wie zum Beispiel die Mini-Unsinn-Anhänger aus Metall, die viele Klamotten- oder Unterwäschefirmen an ihre Produkte annähen. Die fallen zwar ab, aber meistens in der Waschmaschine (Verschwörung, damit wir mehr Waschmaschinen kaufen?). Wenn ich einen Güterzug mit Containern vorbeirauschen sehe, stelle ich mir vor, das einer davon mit Belanglosigkeiten dieser Art beladen ist, und denke, wie viele Ressourcen, Energie, Arbeit…

In den Räumen zum Beispiel, was ist für uns da und was erfüllt eine Schaufensterrolle? Haben wir Vitrinen voll von irgendwelchen Sachen, weil sie uns Freude bereiten oder sollen sie irgendwelche Gäste beeindrucken? Welche Programme erfüllen wir, wird uns das gerade jetzt plötzlich klar?
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Was ich wirklich vermisse und was keine kleine Sache ist, sind Kontakte mit Menschen, ich meine richtig, am Tisch. Zuerst fanden keine Treffen in der Wohnung statt, Freunde haben wir nur draußen, zum Beispiel bei einer Thermoskanne Tee, getroffen.
Der erste Mensch seit Mitte März war hier ein maskierter Schornsteinfeger, (witzig, bei meiner Freundin genauso, die Schornsteinfeger scheinen Bann-brechend zu sein), dann kam ein kurzer Besuch im Atelier oder auf dem Balkon. Höchstens ein Getränk dabei…

Seit Juni ereignete sich ab und zu ein kleiner Café- oder Kneipenbesuch, aber was wirklich fehlt ist für Freunde (Vegetarisch, Fleischessen ist schon vor fast 10 Jahren definitiv abgefallen und das ist auch keine kleine Sache) zu kochen, sie am Küchentisch zu haben, oh welch’ Freude, Gäste einzuladen, Porzellangeklimper… Bis das zurückkommt, dauert es noch.
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So haben meine Porzellanfotos eine völlig andere Aussage, zum Beispiel die von heute – mein Fernost Mix. Theoretische Gedecke. Ornamente, die nicht mit Soßenebene bedeckt werden. Mischung der Motive, die sonst erst nach dem Aufessen mit voller Pracht auftauchen.
Hier musste ich aber eine überhaupt nicht asiatische KPM Mokkatasse dazu legen, die Muster wollten das so, der Komposition fehlte etwas im kleinen Maßstab und gleichzeitig eine Ost- West-Brücke.
Apropos Brücke, da öffnet sich das Thema Reisen – im Kontext vom Vermissen, dem werde ich aber einen eigenen Post irgendwann widmen, für heute over and out.
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ENGLISH SUMMARY: Far East mix and things falling off

It is like the launch of a rocket that transports a satellite or probe into orbit or even further. Some parts are needed for the first thrust and these may fall off again after their function has been fulfilled. After that they will burn up in the earth’s atmosphere or are designed for re-use, other stages will separate later and then become space junk. Similarly a human being can gain height and drop off some weight. And so the present time is the trigger and accelerator for many processes that would otherwise take place much more slowly or not at all.
What has changed for me since the middle of March (this time not in terms of work, lack of money, home office and so on, nor globally, politically, ecologically, statistically)? On a very personal level, many things have fallen away, but the changes had their beginning earlier. Totally prosaic: I have my own hair colour back.
I have survived the inbetween phase and there it is, the mottled mongrel. In return, the structure of hair recovered somewhat and remembered its curls, which were very exhausted due to colouring. Also from the field of appearance: I have always liked to wear rings and bracelets, they now stay at home because I don’t want to wash them all the time. But there’s one thing I really miss – lipstick. Sure, where masks are worn, I leave it. Which means in most situations. I am glad that I cannot tolerate any foundation or rouge on my face, because I would have had a problem with that now. This way one mask would make the other mask fall! Such small exterior issues. I believe I have used my eau de toilette once or twice in these four months. As if I felt it might be diverting my attention. Quite unlike many ladies who are currently using the fragrance curtain as a weapon against the pandemic.
It just happens. I observe it, far from feeling unhappy or limited on this occasion. It is an opportunity to see what normally accompanies us in life, but does not come as a result of an inner need. Will this make the rocket fly up so much easier? I can’t say that yet. But rockets rarely collect their fallen parts, do they?
It would be so nice if some little things would fall off in the long run, such as the metal mini madness pendants that many clothing or underwear companies sew onto their products. They do fall off, but mostly in the washing machine (conspiracy to make us buy more washing machines?) When I see a freight train with containers rushing by, I imagine that one of them is loaded with trivialities of this kind, and I think, how many resources, energy, work…
In the rooms, for example, what is there for us? Do we have showcases full of any kind of things because they bring us joy or are they supposed to impress any guests? Which programs are we fulfilling, is this suddenly becoming clear to us right now?
What I really miss and what is no small thing are contacts with people, I mean reall ones, at the table. At first there were no meetings in the apartment, we only met friends outside, for example over a thermos of tea. The first person here since mid-March was a masked chimney sweep, (funny, same with my girlfriend, the chimney sweeps seem to be spell-breaking), then came a short visit to the studio or on the balcony. With merely a drink…
Since June there was a little café or pub visit every now and then, but what’s really missing is cooking (vegetarian, meat eating definitely fell off almost 10 years ago and that’s no small thing) for friends; to cook, to have them at the kitchen table, oh what a joy to invite guests, hear the plates jingling… So my porcelain photos have a completely different message now, for example the one of today – my Far East mix. Theoretical place settings. Ornaments that are not covered with sauce layer. Mixture of motifs that otherwise only appear in full splendour after the meal. Here I had to add a not at all Asian KPM mocha cup, the patterns wanted it that way, the composition lacked something on a small scale and an east-west bridge at the same time.
Speaking of bridges, the subject of travel opens up – in terms of missing things, but I will dedicate a separate post to that at some point, for today over and out.

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