Kobaltglas finde ich mysteriös. Wie das rote Glas assoziiere ich es mit dem Winter. Der Unterschied ist, glaube ich, die Botschaft – rotes Glas kumuliert die lebendige, heiße Energie wie Blut, gerne mit Kerzenflammen kombiniert – das blaue dagegen beobachtet die Welt verhalten und distanziert. Es braucht niemandem etwas zu beweisen, seine alleinige Anwesenheit reicht.
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Die Aufnahmen waren in dem kontraststarken Sonnenlicht gemacht, das gnadenlos alle Staubkörner offenbart. Ich werde sie doch nicht digital entfernen…
Also Winter, kalt, in sich gekehrt.
Die ultramarinblauen Gegenstände aus Kobaltglas, die meisten davon Gefäße – Kelche oder Vasen, spielen mit in dem Durcheinander von Transparenzen. Sie fokussieren Lichtreflexe, projizieren ebenso glasige Gestalten als Schatten. In dem Wirrwarr sind die zwei- und dreidimensionalen Formen schwer voneinander zu unterscheiden.
Ich habe das Gefühl, dem starken Licht ausgesetzt zu sein, stört sie: Ihr natürliches Biotop ist ein Zimmer mit zugezogenen Vorhängen, wo sie die Rolle der schwarzen oder mehr als schwarzen Löcher übernehmen und nur ab und zu einen erhabenen Funken Blau preisgeben. Etwas Okkultes, Hermetisches, die Suche nach Antworten für die Zukunft, vielleicht.
Kobaltglas polarisiert, nicht nur im optischen Sinne – daraus geformten Gebrauchsgegenstände sind manchmal grenzwertig, sie dominieren mit ihrer Farbe alles, was sie beinhalten. Sie verraten nicht viel darüber, dunkle Wände schützen ihre Geheimnisse. Für Getränke finde ich sie ungeeignet, da sie die optische Komponente verändern. Wein oder Saft wirken darin seltsam umgewandelt und bereiten Unbehagen, zumindest mir geht es so.
Aber Präsenz haben sie – wie das Blau in der Kunstgeschichte, anfangs rare, teure Pigmente, sehr sparsam verwendet und alle Blicke an sich ziehend. Snobs unter Glasgegenständen, mit Neigung zur Überlegenheit und Perfektion – ob wirklich edle Antiquitäten oder No-Name Pressglas mit sichtbaren Verarbeitungsspuren, bleiben sie lieber unter sich, als sich unter die anderen getönten oder sogar ganz farblosen Zeitgenossen zu mischen.
Reinzoomen. Ich versuche die bekannten Gestalten im Bild aufzulösen, sie zu abstrahieren und ihren Dialogen zu lauschen. Ich habe das Gefühl, sie sind ganz leise. Geheimnisse erzählt man flüsternd.