In der Aprilsonne habe ich diese Aufnahmen gemacht und nein, bei der Produktion ist kein Glasgegenstand zu Schaden gekommen, obwohl es wie eine richtige Karambolage aussieht.
Womit assoziiert man Kristallglas? Auf Anhieb sind einige Begriffe im Kopf: Kristallklar, Klarheit, Transparenz. Schein und Sein. Wein. Ein Verlangen nach Klarheit also, damit versuche ich mir die Idee, diese Glasgefäße fotografieren zu wollen, zu erklären. Eine merkwürdige Zeit, oder?
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Diese Ästhetik weckt viele Klischees, früher war das für mich ein Gruselkabinett: Eine altbackene Anrichte voller Kristallgefäße als Synonym für kleinbürgerlichen Wohlstand. Einzelne Teile gingen zwar, aber…
Kristall irritiert mich.
Vielleicht ist das die gnadenlose Schärfe, mit der diese Teile durch ihre Schliffe das Licht durchlassen und brechen? Vielleicht meine Vorliebe für das Pressglas, das eigentlich einst die günstigere Imitation sein sollte, aber eigenen Charakter voller Ungenauigkeiten und zugestandener Fehler hat, was mich viel mehr anzieht? Genau, diese Perfektion ist mir beim Kristallglas so fremd, dass es wirklich nur in Kombination mit ganz anderen Welten geht. Diamantenohrringe zur Jeansjacke, so etwa.
Mein Bedürfnis, sie in der prallen Sonne leuchten zu lassen, ein Haufen Diamantenohrringe,
ohne Jeansjacke, ist vielleicht unterbewusst die Suche nach Licht in den trüben Zeiten, im Labyrinth der Nachrichten, Statistiken, Unsicherheiten.
Die leuchtende Komposition, in der nicht die einzelnen Teile wichtig sind, sondern das kristalline Gesamtwerk, die Essenz.
Klarheit mit sich selbst, wie findet man sie? Mehr Fragen als Antworten.
Ist die Zukunft trüb oder leuchtend? Nächste Frage, bitte.
Reflektieren, auch ein Stichwort für diese Zeit, Reflexionen über sich selbst und die Welt, die einige von uns beschäftigen.
Oder der Glanz, der funkende Schein eines imaginären Luxus. Das gerade eingeschränkte, nicht wirklich hungerstillende Erlebnis, sich schwindlig im Einkaufen zu verlieren. Glitzerzeug, das manchmal ordentlich benebelt, also alles andere als Klarheit schafft.
Kristalline Transparenz als Gegenpol für die schwere, trübe, mit Angst verwobene Zeit, wo so viel nicht transparent ist, nicht durchleuchtet werden darf. Hätten Schlachthöfe gläserne Wände, wären wir alle Vegetarier? Ist Transparenz möglich im Geschäftsleben? Wollen wir das genau wissen? Jetzt rutsche ich ganz schnell in die Thematik, die mir gar nicht beim fotografieren in der Sonne vorschwebte, es kann aber sehr leicht umkippen, die Gedanken, wie im Namen der glitzernden Reichtümer die Menschen, die Tiere und der Planet behandelt werden.
Also schnell noch am Ende noch die Kurve kriegen, und ohne zu tief zu graben einfach die Zeichnungen und Lichtreflexe inhalieren, die angeblich nach Feng Shui gute Energie spenden. Bleibt gesund und leuchtend.