Diesmal musste ich einige Objekte, da ich nur ein paar davon habe, für die Fotosession von Freunden ausleihen. Damit wir genug Vielfalt (Wann ist genug Vielfalt?) sehen können. Ich möchte hier, wie immer, eine bestimmte Art von Gegenständen unter die Lupe nehmen und mich (- und sie?) fragen, was sie ausmacht und was das mit mir macht.
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Ich habe bereits einen Post über weißes Porzellan gemacht, auch als Kontrast zu Schwarz waren die Objekte schon Thema. Manche sorgen hier auch für ein déjà-vu.
Hier geht es primär um die Oberflächenstruktur, die diese Objekte zusätzlich zu ihrem Weißsein tragen. Diese Aufnahmen sind fern vom Sonnenlicht, das andere Serien sättigt und dramaturgisch auflädt. Die Vielfalt dieser Reliefs, gerade zusammen im Dialog, unterstreicht die Ähnlichkeiten und Unterschiede, verschiedene Kombinationen nehmen aufeinander Bezüge.
Auch damit verbunden sind verschiedene Nuancen von Weiß, das kalte Weiß der Bisquitporzellan-Gefäße, die milchige Glasur der Keramik etwas wärmer – ich finde, unterschiedliche Nuancen ergänzen sich viel harmonischer, als identische Beschaffenheit der Oberflächen.
Warum habe ich sie nicht hier in meiner Sammlung und muss sie ausleihen? Als Ausnahme hab ich sie gerne, vor allem die schwungvolle Schale mit Rocaille Decor (die auch nicht wirklich in das Schema passt, weil ihre Form als Ganzes sehr ornamental ist), aber eine ganze Sammlung wäre mir zu konsequent, und – nicht zuletzt – zu sehr im Trend. Aktuell werden viele dieser Originale gesammelt beziehungsweise neu oder ähnlich aufgelegt, sie scheinen sich in die minimalistische Umgebung gut zu integrieren. Interessanterweise, scheint Weiß vielen Minimalisten nicht ausreichend zu sein, entgegen der modernistischen Verachtung für das Ornament haben diese Objekte nicht nur Form und Funktion, sondern auch Dekor. Das scheint sie deutlich und buchstäblich zu prägen, ohne auf die Funktion großen Einfluss zu haben. Gut, sie haben die Haptik, Grip, OK, aber im Wesentlichen nicht notwendig, um eine Vase zu heben, oder?
Bei weißen, skulpturalen Formen muss ich immer mit Ironie an die Wahrnehmung der wieder entdeckten Antike denken und an die Enttäuschung, dass die noblen weißen Gestalten tatsächlich im Originalzustand bunt angemalt worden waren.
Anders als in meinen früheren Artikeln, werfe ich die Sachen nicht auf einen Chaos-Haufen, um ihre Interaktionen kreuz und quer zu fangen und mich überraschen zu lassen, weil ich die geliehenen Vasen auf keinen Fall beschädigen möchte. Ich stelle sie vorsichtig auf eine weiße Glasplatte und vor eine weiße Wand in meinem Atelier (die einzigen weißen Wände in unserer Wohnung). Das ergibt eine ziemlich statische, konservative Komposition, was mich selbst wundert. Aber ich lasse es mir von den Gefäßen diktieren, und schaue, wohin mich das führt. Es soll ja schlüssig sein und das Styling dem Charakter optimal entsprechen.
Was ich gerne dabei beobachte, sind hier die Farbnuancen von Schatten: Es sind durchaus nicht einheitlich graue Tiefen, sie werden nämlich von dem, das sich außerhalb des Bildes befindet, beeinflusst (oder, wie ich gerne sage, abgeschmeckt). Ach wie philosophisch!
Diese Schattenspiele, wenn man sich kurz aufhält, um sie zu verinnerlichen, sind eine Art Zeichnung mit vielen Überschneidungen.
Ob die Muster immer mit der jeweiligen Form gut zusammenspielen, möchte ich bei manchen Objekten bezweifeln. Aber mir geht es um die Interaktion. Karierte, strenge Struktur, die ihre Schatten an eine „Barokoko“ Schale weiterleitet, wo sie einen Schwung wie auf einer Achterbahn bekommen… Seht Ihr diese Bewegung? Das ist möglich, wenn Details nicht nur eines kurzen Blickes gewürdigt werden, sondern wenn sich ein fragendes Auge Zeit für die Feinheiten erlaubt.
Etwas entschleunigen und mit Licht-Schatten Strukturen verschmelzen.
Das war die Stillleben-Serie, das komische Wort mit drei „L“, (was dadurch vielleicht umso stiller erscheinen mag?). Danach wollte ich die Protagonisten mit einer anderen, aber verwandten Struktur in einem kontrastierenden Material konfrontieren. Was sich selbstverständlich angeboten hat, waren andere dekorative Elemente, diesmal textiler Art, die genauso wie bei den Gefäßen, nicht die Funktion bestimmen, sondern eine zusätzliche Stilrichtung diktieren.
Viele weiche weiße Muster der gewebten, geklöppelten, gehäkelten Tücher und Deckchen haben sich ihre Pendants in der harten Keramik gesucht. Da die textilen Strukturen öfter einen kontrastierenden Hintergrund brauchen, um ganz präsent zu sein, platzierte ich die zentralen, totemartigen Kompositionen auf dem alten dunklen Schreibtisch.
Außer hart-weich bilden sich viele andere Kontraste, die industrielle Produktion und das Handgemachte (nicht alles, aber viel davon), geschlossen und offenporig, wasserfest und saugfähig, glatt und rauh, zum beinhalten entworfen oder zum stolzen liegen und betonen – zum Beispiel einer konservativen Vase mitten auf einem Tisch. Und viele mehr…
Was bleibt für mich sind die Aufnahmen und die Objekte, die hier bei uns wohnen, der Text und die Gedanken, die beim Stylen auftauchten. Die Leihgaben gehen zurück an ihre Besitzer. Das war’s!
Ich bin wirklich sehr stark beeindruckt über Deine weißen Keramikkompositionen und Deinen wunderbaren Tiefgang der Betrachtung!!
Ich finde diese Fotos auch sehr geeignet für einen tollen Kalender!!
Danke Ulla. Die Idee mit dem Kalender müsste ich mir überlegen…