Die Kategorie „Muster“ habe ich am Anfang der Blogarbeit angelegt und jetzt nach fast drei Jahren musste ich feststellen, dass ich sie nicht so intensiv gefüllt habe, wie anfangs gedacht. Zwar sind viele Muster in anderen Blogbeiträgen sichtbar, aber sie spielen dort nicht die erste Geige.
Muster sind in allen Zeiten und an allen Orten zu finden. Traditionelle Motive werden an die nächsten Generationen als Kulturgut weitergegeben. Flächen, Stoffe und Gegenstände werden mit Ornamenten versehen, die an ihrer Funktionalität nicht viel ändern, sie werden aber trotzdem angebracht, aus einem uralten Bedürfnis – für was? Dekoration oder symbolische Bedeutung oder beides?
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Ich beschäftige mich manchmal mit eigenen Mustern als Füllung von dem „Zwischendurch“. Eine meiner Daueraufgaben (zu denen auch Victim Pot gehört) in diesem Bereich ist eine Serie von Mustern auf Postkartenformaten, die sehr unverbindlich zwischen wichtigeren Lebensaufgaben gemacht werden können. Dazu braucht man nur Aquarellfarbe und Pinsel (andere Techniken sind auch willkommen), etwas Wasser, eine halbe Stunde oder so. Und los.
Das sind für mich Kopföffner, wenn man in einem anderen Bereich nicht weiterkommt; gleichzeitig kristallisiert sich für mich heraus, welche Muster meine intuitive, frei fließende Kopf-Hand-Verbindung zum Vorschein bringt. Nicht alle sind „gelungen“ als Bilder, macht nichts. Sie erwarten auch keinen Applaus. Wichtig ist der Prozess und die Wellenlänge dabei.
Ich plane nichts, lege einfach los, die erste Entscheidung als Linienstruktur oder Raster aus Punkten bildet ein Gerüst und dann tauchen wie von selbst weitere Entscheidungen auf. Nicht zu lange überlegt, möglichst intuitiv.
Es kommen viele Ungenauigkeiten zum Vorschein, der händische Automatismus der Wiederholung, Farbpfützen bilden eigenwillig ihre Ränder, jede ist anders.
Manchmal ist eine Schicht zu viel, wenn man nicht rechtzeitig aufhört, Pech, das Muster wird schwer und zubetoniert, kaputt, auch gut, das ist ja ein Prozess.
Es ist kein Versuch zu entkommen, sich abzulenken und in einer sicheren Hülle eigener kleinen Welt zu verstecken.
Ganz im Gegenteil: Es geht mir darum, etwas über Strukturen in uns zu erfahren, über Stimmigkeit und Fluss, Zugehörigkeit zu den Quellen der Ur-Muster in uns.
Ich habe großes Interesse für Geometrie, für Systeme und schematische Raster, die eine gewisse Struktur vermitteln. Ich reagiere darauf, als wäre das ein Code der Formen, Rhythmen und Farbnuancen, finde diese Mustersprache wichtig und möchte mich damit beschäftigen und umgeben.
Es gab und gibt sehr viele Versuche, Muster und Ornamente der Welt zu katalogisieren, es ist eine utopische Aufgabe, aber jeder Versuch dieser Art bringt die Erkenntnisse etwas weiter. Zum Beispiel in der Zeit der Arts and Crafts Bewegung beschäftigten sich Künstler mit der Vielfalt der Quellen und strebten es an, einen roten Faden durch die unendliche Welt der Ornamente zu finden. Die Grundlage lieferte ein Werk von Owen Jones von 1856. Interessant finde ich die Verbindung zur Sprache, da sein Kompendium „Grammatik der Ornamentik“ hieß.
Einige Beispiele der Werke, die im späten XIX Jh. zu diesem Thema entstanden sind und heute noch in vielen Versionen als Nachdrucke in vielen Sprachen erhältlich sind:
- „L’Ornement polychrome“, Auguste Racinet, 1888,
- „L’Ornement des tissus“, Auguste Dupont-Auberville, 1877,
- „Der Ornamentenschatz: ein Musterbuch stilvoller Ornamente aus allen Kunstepochen“, Heinrich Dolmetsch, 1887.
Verschiedene Vorgehensweisen ordnen die Muster nach geografischen und kulturellen Merkmalen, mit ihren historischen Hintergründen, oder untersuchen nur die Formen und Farben, um darin die Verwandtschaften zu entdecken. Das ist meistens auch meine Betrachtung. Die Erkenntnis, dass sich in vielen unterschiedlichen Zeiten und sich scheinbar nicht überschneidenden Kulturen fast identische Formensprachen finden lassen, ist ein Erlebnis der Bestätigung, ein Hinweis auf etwas Mystisches, was uns alle verbindet.
Ich habe eine große Büchersammlung zu diesem Thema.
Die Formensprache lässt sich bis zu einem bestimmten Grad analysieren, Einflüsse zurückverfolgen, Bedeutungen der Symbole entziffern.
Das ist eine Welt voller Entdeckungen, die Reise kann ich sehr empfehlen!
Ob sich aber durch die Analyse mehr Stimmigkeit spüren lässt? Oder hilft sie genauso viel, wie die Theorie der Aerodynamik einem Vogel im Flug?
💙💙💛💙💙
heute sprachlos
Ja. Klar, danke Christiane.