Wir brauchen dringend einen Durchbruch – voilà! Durchbruchporzellan. Mit einem Lochmuster, manchmal von besonderem Wert oder sehr bürgerlich, manchmal extrem kitschig und nur in ausgewogenen Mischungen erträglich.
Porzellan mit Löchern. Nicht in der Mitte, das wäre nämlich ein Scherz, aber am Rand, das geht. Eine Nachahmung der Spitze in dem harten Material. Leichtigkeit, Durchsichtigkeit des Undurchsichtigen.
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Diese paar Objekte waren nie ein Ziel meiner Sammelleidenschaft, sie haben aber irgendwie zu mir gefunden. Von den zwei Desserttellern weiß ich, dass ich sie von Freunden geschenkt bekommen habe.
Es handelt sich grundsätzlich um die Anordnung der Öffnungen im festen Material, die das Licht als Element, als Hintergrund der Komposition zulässt. Auch als Ajourarbeit bekannt, kommt sie in allen kunsthandwerklichen Bereichen vor, um nur Durchbrucharbeit der Textilkunst, Schmuck oder Möbelornamentik zu erwähnen.
In der Architektur dient Ajourarbeit gewissermaßen der Osmose: Eine Lichtdurchlässige Wand, die Ausblicke, aber keine Einblicke erlaubt, bietet eine gewisse Sicherheit, im Sinne der Privatsphäre. Wenn es auch keine wirkliche Sicherheit ist. Was sowieso ein rein theoretischer Begriff ist…
Ich suche nach Begriffen um Ajourarbeit, von à jour abstammend, die Duden „zu französisch jour in der Bedeutung „Fenster“, eigentlich = durchbrochen“ erklärt. Jour nicht nur als Tag, sondern auch als Tageslicht und Fenster also. Macht Sinn.
Ich mag die Umleitung der Worte: Eine weiter hinten gelistete Bedeutung von „jour“ ist „interstice“ – und dazu sagt mein Petit Larousse „Petit intervalle entre les parties d‘un tout“. Wie im richtigen Leben.
Im Englischen wiederum „openwork“, auch nicht nur Porzellan betreffend.
Die Lochmuster entstehen im Scherben, danach wird ein Dekor aufgetragen, wenn sie zusammen spielen sollen. Ob sie tatsächlich harmonisch auftreten, ist manchmal die Frage. Um nur die Anordnung der Löcher ungestört zu sehen, drehe ich die Objekte um. Plötzlich verwandelt sich die niedliche Fassade in eine Reihe der Schießscharten der mittelalterlichen Festung oder ein Tierschädel. So ist es mit den Rückseiten, die ihre Existenz im Schatten verbringen…
Beim Fotografieren habe ich die Dramaturgie gesucht: Einmal die Gegenstände für sich, miteinander und durcheinander, wie Schablonen gesehen und dann die Kontraste der Schatten im starken Sonnenlicht. Diese Projektion nimmt nur die unverblümten Ausschnitte mit, die sich auf der anderen Fläche verändern, ausdehnen dürfen. Ihre fünf Minuten im Schattentheater haben.
Die Metaphern, die sich in den gelochten Objekten einnisten, tauchen auf. Ich hätte es am Anfang gar nicht gedacht, als ich die Protagonisten für die Fotosession entdeckt habe. Durchbruch in der Krise ist klar. Durchblick. Lichtblick. Ans Licht. Ein Loch im Ganzen. Open work, wenn es sich von den Gegenständen löst und einfach die offene Arbeit bedeutet. Also eigentlich was? Arbeit mit offenem Kopf?
Was man aber sehr gut in den Öffnungen beobachten kann ist: Shape of the air.
…shape of light
…zum Beispiel!