Nierentisch-Ära Blumenhocker

Ein dunkelblauer Blumenhocker wartete auf mich auf der Straße. Obwohl ich mit dem Fahrrad unterwegs war, war es gar kein Problem, ihn mitzunehmen. Ich war erstaunt, wie gut und schnell und mit welcher Selbstverständlichkeit er sich in mein damals überschaubares Hab und Gut integrieren konnte.

Blumenhocker Nierentisch klein auf drei Beinen auf Parkett

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Ja, das haben die kleinen Hocker perfektioniert, sich mit anderen Sachen zu verstehen und in verschiedene Rollen reinzuspringen. Da ich viele Rollen zu vergeben hatte, sammelten sich einige Nierenhocker. Dank Ebay und Ähnlichem entdeckte ich die Vielfalt dieser Spezies…
Vier Oberflächen der Nierentisch - Blumenhockern in unterschiedlichen Formen
Und ja, schon wieder die Fifties, oft als Nierentisch-Ära bezeichnet dank der charakteristischen Gestaltung. Der Name, aus meiner jetzigen Perspektive etwas seltsam, aber damals war Organspende, soweit ich weiß, kein populärer Begriff. Das Wort hat sich aber so etabliert und wird automatisch verwendet, zusammen mit Rockabilly, die eben erwähnten Fifties, Mid-century oder numerischen 50er.

Eine Epoche, die ich für sehr zwiespältig, widersprüchlich halte, wie jede andere eigentlich, aber damals in der Zeit des Wirtschaftswunders und möglichst schneller Ablenkung von der noch frischen Kriegszeit, trägt sie sehr viel Spannung in sich.

Ob man die neu entstandene Gestaltung dieser Zeit mag oder nicht, ist es eine sehr eigenständige Formensprache, die vielleicht deshalb einige Designikonen bis heute prägt. Anders als Zeiten, die ich selbst erleben konnte, sind mir die 50er aus Erzählung und Artefakten bekannt. Und zu jeder Epoche, neben den Flaggschiffen des Designs, gehören Alltagsgegenstände, wie die Beistelltischchen eben.

Aber zurück zu meiner damaligen Wohnung. Eine Rolle haben die Hocker selten gespielt, nämlich das Tragen von Blumentöpfen. Weil man den Hocker dann vor lauter Topf nicht sieht. Und die wollen gesehen werden.

Alles Andere klappte sehr toll, vor allem als Abstellmöglichkeit eines Getränks neben eigenem Sessel oder Stuhl, aber auch als Nachttisch mit einer kleinen Lampe, Ablage für Schlüssel und Kleinigkeiten, last but not least: Das Dasein in der Ecke. Einfach da sein, leicht und unverbindlich, flexibel und jederzeit verschiebbar. Etwas Rundes in einer eckigen Ecke sein. Die Muster, in ein typisches Randprofil eingerahmt, präsentieren.
Blumenhocker aus der NIerentisch Ära in rot
Muster eines Blumenhockers schwarz mit Glasplatte
Goldene Muetsr unter der Glasplatte eines Blumenhockers Nierenhocker
Diese Muster, die bei mir immer eine große Rolle spielen, habe ich sorgfältig ausgesucht. Die meisten Hocker haben eine Oberfläche aus Glas, das die Motive schützt und optisch vertieft; andere bestehen aus Kunststoff. Eine Ausnahme bildet ein Hocker aus (Grünstadt) Keramik, nummerierte Auflage mit charakteristischen figürlichen Motiven in Petticoats und Co.
Blumenhocker Nierentisch Grünstadt Keramik nummerierte Auflage
Blumenhocker Nierentisch Grünstadt Keramik nummerierte Auflage Detail

In unserer aktuellen Wohnung haben nicht alle Beistelltischchen Platz. Das Tolle ist, sie lassen sich auseinander schrauben und mit durchnummerierten Beinchen, damit alles schnell zueinander findet, warten sie auf einen neuen Auftritt.
Abgeschreubte Beine von den Blumenhockern zur Lagerung
In einigen Beiträgen haben sich die Hocker bemerkbar gemacht, und zwar hier, hier und hier, auch in dem letzten Post. Zum Thema Nierentisch – ein erneuerter Rand eines Tisches als mein Projekt ist hier zu finden. Und ein Porträt in Öl gibt es auch…
Aus der Serie Insider Magda Jarzabek Ölbild Blumenhocker

ENGLISH: Kidney-shaped table era stools

A dark blue flower stool was waiting for me on the street. Although I was travelling by bike, it was no problem to take it with me. I was amazed at how well and quickly and with what obviousness it was able to integrate itself into my then manageable belongings.
Yes, the little stools have perfected the ability to get along with other things and to jump into different roles. As I had a lot of roles to fill, I collected a few kidney-shaped stools. Thanks to Ebay and the like, I discovered the diversity of this species…
And yes, the Fifties again, often referred to as the kidney-shaped table era thanks to its characteristic design. The name seems a little strange from my current perspective, but organ donation wasn’t a popular term back then as far as I know. However, the word has become so established (in German) and is used automatically, together with rockabilly, the aforementioned fifties, mid-century or numerical 50s.
An era that I consider to be very ambivalent, contradictory, like any other, but at the time of the economic miracle and the quickest possible distraction from the still fresh war period, it carries a lot of tension. Whether you like the design of the time or not, it is a very unique design language, which is perhaps why it still characterises some design icons today.
Unlike times that I was able to experience myself, I know the 50s from stories and artefacts. And every era, alongside the flagships of design, includes everyday objects such as these side tables.
But back to my flat at the time. The stools rarely carried flower pots (which was their actual destination). Because then you could not see the stool under the pot. And they want to be seen.
Everything else worked really well, especially as a place to put a drink next to your own armchair or chair, but also as a bedside table with a small lamp, a shelf for keys and small items, and last but not least: a being in the corner. Simply being there, light and non-binding, flexible and movable at any time. Something round in a square corner.
Presenting the patterns, framed in a typical border profile.
I have carefully selected these patterns, which always play a major role for me. Most of the stools have a glass surface, which protects and visually deepens the motifs; other surfaces are made of plastic. One exception is a stool made of (Grünstadt) ceramic, a numbered edition with characteristic figurative motifs in petticoats and the like.
We don’t have room for all the side tables in our current flat. The great thing is that they can be disassembled and with numbered legs, so that everything can be quickly matched, they are waiting for a new appearance.
The stools have made themselves visible in a few posts, here, here and here, also in the last post. On the subject of the kidney-shaped table – a renewed edge profile of a table as my project can be found here. An oil painting as well…

4 Gedanken zu „Nierentisch-Ära Blumenhocker

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