Tiere auf dem Teller – die Sammlung der tierischen Dekore auf Porzellan erinnert mich an die Kindheit. Viele von den Objekten sind tatsächlich kleine Kindergedecke oder gehörten sogar zur Ausstattung einer Puppenstube. Bereits beim fotografieren vom Fernost Mix habe ich viele Tiere entdeckt, sie sind geschickt mit anderen Motiven verflochten und unter den üblichen Geschöpfen sind Drachen ganz oft vertreten. Wie im chinesischen Horoskop ist deren Präsenz eine Selbstverständlichkeit, sie verdienen irgendwann einen Beitrag nur für sich.
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Ich finde die Ästhetik dieser kleinen vereinfachten Tiergestalten etwas naiv, nicht zu perfekt, irgendwie schaffen sie es, dass ich sie anlächeln muss. Vielleicht ist das ein Katzenvideo-Effekt, der Anblick der Tiere soll für gute Laune sorgen. Auch todernste und nicht unbedingt kommunikative Fellgenossen finden wir Menschen halt niedlich. So kann ich mich immer wieder darauf freuen, einen schiefen Hund, Fuchs oder Variationen von vereinfachten Hühnern vor mir auf dem Teller zu sehen. Hier ist aber Schluss, denn anders als Dekor bitte nicht.
Als Vegetarier erleben wir am Tisch mit vielen anderen Leuten immer wieder das gleiche Phänomen. Ohne dass wir jemanden zu überzeugen versuchen, fangen unsere Mitmenschen an, freiwillig zu gestehen: Wir essen auch viel weniger Wurst. Fleisch höchstens einmal die Woche. Und nur Bio. Gegrillt haben wir seit zwei Jahren nicht und dann auch nur ein paar Würstchen, die man vor lauter Gemüse suchen musste.
Wir lachen uns kaputt, dass wir allein durch unsere Anwesenheit so eine Welle von schlechtem Gewissen verursachen. Und, wohl gemerkt, wir missionieren nicht, sondern beantworten Fragen, die sich in der Runde eventuell ergeben.
Die häufigste davon ist, was wir denn so essen. Manchmal eine Frage nach dem Auslöser. Oder ob es schwer war, auf Fleisch zu verzichten. Verzichten ist überhaupt ein Begriff, mit dem ich mich viel beschäftige – auch im Kontext des minimalistischen, nicht expandierenden Lebens und werde das irgendwann noch vertiefen, heute verzichte ich darauf.
Mich wundert es, dass viele Menschen sich die Umstellung gar nicht vorstellen können, auch wenn sie es gerne ausprobiert hätten. Sind die Gewohnheiten so tief eingeprägt, dass eine Suche nach anderen Möglichkeiten und Geschmacksrichtungen unvorstellbar ist?
Verschiedene individuelle Geschichten führen Menschen zu der Entscheidung, vegetarisch zu leben. Grob unterteilt gibt es gesundheitliche, moralische, umwelttechnische Gründe. Meine gute Freundin hatte zum Beispiel durch die vegan lebende Mitbewohnerin ihrer Tochter einfach Sachen ausprobiert und festgestellt, dass ihr das passt. Ein recht milder Einstieg, der umso wirksamer sein kann.
Ich bin mitten auf der Strecke. Esse kein Fleisch, aber Fisch kommt noch vor. Käse, Milchprodukte auch, Eier nur im Kuchen, es geht langsam und ich bin nicht sicher, ob Station vegan erreicht wird, ich muss es heute nicht wissen, beobachte, wie die Veränderung stattfindet.
Manche brauchen in der Übergangsphase die essbaren Zwischendinge, die Ersatzprodukte, die zumindest solche ersehnte Wurstform haben oder -geschnetzeltes im Namen tragen. Wenn das hilft?
Es gibt aber auch den Ekel, der bei mir eine gewisse Rolle spielt. Ich kann mich daran erinnern, als ich vor mehr als 10 Jahren noch ab und zu Fleischgerichte zubereitet habe. Ohne näher darauf eingehen zu wollen, ist jedenfalls Zubereitung, Abwasch, Müllthematik und Ähnliches ohne Fleisch viel leichter. Ekel manifestiert sich heute so, dass wir „Schnitzelluft!“ schreien und schnell die Fenster schließen, wenn im Hof die entsprechende Wolke aufsteigt.
Die Vorstellung, wie die Menschheit mit Tieren umgeht, weckt den Ekel der ganz anderen, tiefen und bitteren Art.
Es ist mir völlig klar, dass in einem Beitrag dieser Länge viele Facetten des Problems überhaupt nicht erwähnt werden können. Heutzutage kann aber wohl niemand behaupten, dass die Information zum Thema zu knapp ist, oder?
Kann das sein, dass in der aktuellen Situation, wenn viele Feten nicht stattfinden und man isst mehr oder weniger unter sich, viele Menschen ihre Gewohnheiten hinterfragen und eine Entscheidung in diese Richtung treffen werden? Ich gebe Euch meine Porzellantiere mit auf den Weg.