Vier selbstgemachte Taschen

Vier unterschiedliche Taschen, die ich im Laufe der Jahre für mich genäht habe, hab ich beim Einräumen der Kommode auf einmal in den Händen gehalten. Nähen gehört nicht zu meinen Hauptrichtungen, so vergesse ich manchmal, dass etwas entstanden ist. Aber diese vier passen ziemlich genau zu dem Slow-Design Blog, also griff ich zur Kamera.

Altmodische Tasche aus Samt mit Rosenmotiven

(Scroll down down down for the English summary)

Die Rosentasche

entstand Mitte der 80er Jahre, als neue Inkarnation meiner Lieblings-Schlaghose aus grünem Samt. Diese Umwandlung musste für das Hosenbein ein Schock gewesen sein. Gegeben war der alte Klick-Verschluss, keine besondere Antiquität, aber alt. Die vorher zusammengenähte Grundform habe ich von Hand daran befestigt. Die old-fashioned Rosen hab ich aus Stoffresten und Samtbändern darauf genäht, ergänzt mit einer Seidenschnur, die früher, glaub’ich, zu einem Lampenschirm meiner Großmutter gehörte. Dazu eine lange Kordel, um die Tasche über die Schulter zu tragen. Also eine sehr erwünschte eklektische Mischung, die zu meinem damaligen Look nicht wirklich passte… Oder vielleicht gerade doch, als Kontrastmittel.
Detail einer Rosenstickerei auf der Samttasche
Rückseite einer Tasche aus rotem Samt
Egal, 35 Jahre später gibt es sie immer noch als Beweis, dass ich „schon immer“.
Die Wiederverwendung von Resten war eine Selbstverständlichkeit, alles möglichst selbst zu machen, gehörte dazu. Die Wertschätzung für das Einzigartige. Wäre es anders, wenn ich in der Lage wäre, solche Sachen zu kaufen? Ich glaube nicht, da der Spaß am Machen dabei entfallen würde. Kurz und gut, die Tasche lebt und eigentlich habe ich Bock, sie ab und zu zu tragen.

Ein Liegestuhl – Shopper

Liegestuhl Shopper aus Baumwolle Streifenmuster
Offener Shopper aus dem Stoff vom Liegestuhl
Beim Durchsuchen alter Familienfotos werde ich vielleicht noch jemanden in diesem Liegestuhl in der Sonne sitzend finden. Das war ein Klassiker aus gekreuzten Latten, Warschau der 60er Jahre…? Den Stoff habe ich vor ein paar Jahren in meinem Elternhaus gefunden und als ich ihn erkannte, sah ich den ganzen Film vor mir, Nachmittagssonne, Großeltern, frische Himbeeren und dazu als Untermalung die Minimal Music der Grashüpfer.

Die Entscheidung, daraus eine Tragetasche zu nähen war sofort da. Der Originalstoff reichte für den Körper der Tasche, die Griffe und die innere Tasche für Portemonnaie hab ich aus einem Rest Ikea-Baumwollstoff in ähnlicher Streifenoptik gemacht. Griffe so lang, dass ich die Tasche auf der Schulter tragen kann, aber so kurz, dass sie nicht auf der Erde scheuert, was die meisten Baumwolltaschen bei mir zu tun pflegen. Keine Weltmeisterschaft im Nähen, aber eine gute Größe für viel Gemüse aus dem Wochenmarkt.

Clutch aus Wildleder

Clutch aus Wildleder mit oliven-blauen Streifen
Ansicht der offenen selbstgenähten Tasche aus Wildleder
Schon wieder eine sentimentale Wiederverwendung: Eine Wildlederjacke meines Vaters, eigentlich ein Sakko, moos-olivenfarben. Wenn ich etwas nicht ganz verwenden kann, filetiere ich es, damit die unbeschädigten Teile auf ihre nächste Verwendung warten. Einzelne Lederflächen brauchen viel weniger Platz, als eine komplette Jacke mit Futter und Nähten. Kombiniert habe ich die guten Fragmente mit blauem Wildleder, das die Farbe, wie ich finde, sehr gut kontert und ergänzt. Das Innenleben ergänzt ein fester Futterstoff aus Baumwolle, auch aus alten Beständen. Clutches sind eigentlich eine ziemlich unlogische Sorte Handtaschen, vor allem für Radfahrerinnen. Deswegen hat mein Clutch einen Griff bekommen, damit ich die Tasche auf dem Handgelenk während der Fahrt zum Opernhaus tragen kann.
Detail Griff der Clutch Tasche aus WIldleder

Verkleinerte Lieblingstasche

Verkleinerte Lieblingstasche Glattleder Indigo Gürteltasche
Rückseite der Gürteltasche aus Glattleder in Indigo
Jahrelang diente mir meine dunkelblaue Lieblings-Schultertasche, bis ich feststellen musste, dass manche Ecken durchgerieben wurden und das tolle Lackleder vergilbte und matt wurde durch das Sonnenlicht.
Es waren aber noch kleine Fragmente da, sogar mit original Reißverschlüssen, die die ursprüngliche Qualität hatten. Ich filetierte die Tasche und aus den heilen Fragmenten entstand eine Gürteltasche für ein paar Kleinigkeiten. Auf der Rückseite nähte ich zwei Laschen, um sie eventuell direkt auf dem Hosengürtel zu tragen. Normalerweise gibt es einen Gurt, der auf Karabinern seitlich befestigt ist. Neulich habe ich festgestellt, dass ich die Gürteltasche gerne auch über die Schulter trage, also habe ich eine kleine abnehmbare Verlängerung des Gurtes gebastelt. So ist meine Lieblingstasche als kleine Version ihrer selbst immer noch da.

Diese vier Taschen zeige ich hier, um von verschiedenen Möglichkeiten zu sprechen, die wir im Umgang mit Sachen haben. Sie sind für mich ein Beweis, dass es geht, dass die Verwandlung der wertvollen Materialien in individuelle Ideen möglich ist und dass dabei Dinge entstehen können, die es nicht zweimal gibt. Diese Wertschätzung habe ich in meinem Elternhaus gelernt und es freut mich zu sehen, dass diese Einstellung an Popularität gewinnt.

Ein ähnliches Thema – drei selbstgenähte Schals sind hier zu finden.
Vier selbstgenähte Taschen zum Moodboard zusammengelegt

ENGLISH SUMMARY: Four selfmade bags

Four different bags that I have made for myself over the years. I found myself holding them in my hands all at once when I was filling the chest of drawers. Sewing is not one of my main pursuits, so I sometimes forget that something has been made. But these four pretty much fit the Slow Design blog, so I grabbed the camera.
The rose bag

was created in the mid-80s, as a new incarnation of my favourite flared green velvet trousers. This transformation must have been a shock to the trouser leg. Given was the old metal snap buckle, not a special antique one, just old. I attached the previously sewn-together basic shape to it by hand. I sewed the old-fashioned roses on it from fabric remnants and velvet ribbons, supplemented with a silk cord that I think used to belong to one of my grandmother’s lampshades. I also added a long cord to carry the bag over my shoulder. A very desirable eclectic mix that didn’t really fit my look at the time either… Or maybe it did, as a contrast.
Anyway, 35 years later it’s still around as proof that I “always have”.
Reusing scraps was a given, making everything myself as much as possible was part of it. Appreciation for the unique. Would it be different if I were able to buy such things? I don’t think so, because the fun of making them would be lost. In a nutshell, the bag is still alive and I actually feel like wearing it from time to time.
A deck chair shopper

Looking through old family photos, I might find someone sitting in this deck chair in the sun. This was a classic piece made of crossed slats, 1960s Warsaw…? I found the fabric in my parents’ house a few years ago and when I recognised it, I saw the whole film in front of me, afternoon sun, grandparents, fresh raspberries and, as background tune, the minimal music of the Grasshoppers.
The decision to sew a tote bag out of it was immediate. The original fabric was enough for the body of the bag, the handles and the inner pocket for the wallet I made from a remnant of Ikea cotton in a similar striped look. Handles long enough that I can carry the bag on my shoulder, but short enough that it doesn’t rub on the ground, which most cotton bags tend to do for me. Not a world championship in sewing, but a good size for lots of vegetables from the weekly market.
Suede clutch

Another sentimental reuse: a suede jacket of my father’s, moss-olive. If I can’t use something in its entirety, I fillet it so that the undamaged parts await their next use. Individual leather areas take up much less space than a complete jacket with lining and seams. I combined the good fragments with blue suede, which I think counters and complements the colour very well. The inside is complemented by a solid cotton lining fabric, also from old stock. Clutches are actually a pretty illogical sort of handbag, especially for women cyclists. That’s why my clutch has been given a loop handle so I can carry the bag on my wrist during the ride to the opera house.
Downsized favourite bag

For years my favourite dark blue shoulder bag served me well, until I noticed that some of the corners were rubbed through and the great patent leather yellowed and became dull from the sunlight.
But there were still small fragments, even with original zips, that had the original quality. I filleted the bag and from the intact fragments I made a belt bag for a few small things. On the back I sewed two flaps to eventually wear it directly on the trouser belt. Normally there is a belt that is attached to the side on carabiners. Recently I realised that I also like to wear the fanny pack over my shoulder, so I made a little detachable extension to the strap. This is how my favourite bag is still there as a small version of itself.
I show these four bags here to talk about different ways we can handle stuff. They are proof to me that it can be done, that transforming precious materials into individual ideas is possible, and that in the process things can be created that don’t exist twice. I learned this appreciation in my parents’ house and I am happy to see that this attitude is gaining popularity.
A similar theme – three self-sewn scarves can be found here.

4 Gedanken zu „Vier selbstgemachte Taschen

  1. Hi Magda, ich bin überwältigt! Ich habe Deine Texte zu den gefertigten Unikaten mehrmals gelesen
    und kam immer wieder zu dem Schluss: Kaum zu glauben! Du bist eine Zauberin. Wenn ich sagen
    sollte, welche der Taschen die Schönste ist – ich wüßte es nicht, jede in ihrer Art.
    Alles Gute, Gerda

    1. Danke Gerda! Die Materialien hatten den Wunsch bereits “in sich”, was aus denen gemacht werden soll. Für mich war das Wichtigste, dass die für mich emotional wichtige Stoffe ihre neue Inkarnation gefunden haben.

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