Die Schatten werden länger, zwar nicht so, wie bei den Etruskern, aber doch, September und die ganzen Seufzer, ach, der Sommer schon wieder vorbei…
Ich mag den Sommer nicht besonders, also vorbei ist OK. Aber Bernsteinlicht und lange Schatten bringen dieses Gefühl, schon wieder ist fast ein Jahr um, was für ein Jahr.
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Ich merke jedes Jahr, dass es immer schneller läuft, dieses ist außerdem speziell geprägt und die Phänomene, die mit einer Geschwindigkeit der Zeit zu tun haben, lassen sich besonders gut beobachten. Bei allgemeiner Entschleunigung läuft die Zeit paradoxerweise nicht langsamer.
Es sind Ausnahmen in dem regelmäßigen Leben, die die Zeit anhalten und verlangsamen.
Wie Reisen, zum Beispiel – auch wenn am Ende einer Wochenfahrt dieses Seufzen namens Achwieschnelleswiedervorbeiist auftaucht, ist das Gefühl, was in so einer Woche alles passiert ist, doch überwältigend. Dieses Jahr haben wir bisher keine Reisen unternommen. Das bringt aber keine Gefahr mit sich, dass wir später nicht wissen, was so 2020 passiert ist, obwohl wir Jahre oft anhand von Reisen wiedererkennen.
Der Wochenrhythmus wird von Freitag zu Freitag gemessen, Freitag bedeutet Wochenmarkt und ist ein Ereignis soziokulinarischer Art – frische Sachen ohne Hektik plaudernd bei den Lieblingsständen kaufen, Freunde treffen und manchmal sogar einen Kaffee dazu trinken.
Aber dieses Schonwiederfreitag… Da sehe ich mich auf einer Haltestelle wartend und alle fünf Minuten kommt die Bahn mit „Freitag“ vorne an der Stirn und ich beobachte sie kommen und abfahren. Abgefahren.
Und wäre ich Vulkanierin, wäre mein Gruß wahrscheinlich etwas in Richtung „Möge dein Herbst lang und sonnig sein“. Endlich Sonne, vor der ich mich nicht schützen muss, sondern wie eine alte Katze darin erstarren und die Zeit anhalten. Möglichst lange Pulloverwetter bitte, und draußen sitzen können, Freunde treffen, denn wer weiß, vielleicht wird die kalte Jahreszeit wieder kontaktarm und in sich eingeschlossen…
Diese tiefen Sonnenstrahlen habe ich wirklich wahrgenommen als ich ein Zimmer mit Süd-Loggia hatte, die Proportionen waren genial, im Sommer kam das Sonnenlicht nur bis an das Fenster in der Loggia heran, so war das Zimmer nicht noch heißer als nötig. Dafür beobachtete ich ab Herbst die Streifen der Jalousie an der Wand immer weiter, bis sich die Projektion an der 5m von der Loggia entfernten Wand manifestierte. So konnte man an sonnigen Herbst- und Wintertagen auf die Heizung verzichten.
Diese Fotos im goldenen Licht warteten auf diese Stimmung. Einfache Gegenstände aus 60er Jahre Keramik, Glas und Holz, mit ihren kleinen Ungenauigkeiten, im Spiel mit der Herbstsonne, das Ganze irgendwie in der Farbskala von Bernstein, also legte ich die paar Bernsteinperlen dazu.
Bloß nicht zu poetisch werden? Wieso nicht?