Wenn ich an einen Umzug denke, meldet sich meine Bandscheibe. Geht es Euch auch so?
Neulich, als eine Freundin umgezogen ist, habe ich meine Umzugsgedanken im Kopf sortiert zu einem etwas anderen Umzugsratgeber.
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Als wir in der mit C-Wort geprägten Zeit im Kiez spazieren waren, haben wir oft verglichen, wie schwer es für Leute sein musste, die Besichtigungen mitzumachen (sowohl als Noch-Bewohner als auch für die Kandidaten), Schlangen in Treppenhäusern, Kontakte, Gespräche. Unsere 3,5-jährige Suche stand uns wieder vor Augen.
Wenn man endlich die Schlüssel in der Hand hält, einige Tage vor dem Umzugstermin, ist meine Empfehlung: Probeschlafen.
Dann das Übliche, Renovieren, Messen, Planen und irgendwann kommt der lange ersehnte Umzugstermin.
Umziehen – will man oder muss man?
Die geistige Verfassung in beiden Fällen ist mega unterschiedlich.
Die Freude an dem erwünschten Wechsel, am selbst ausgewählten neuen Ort ohne Kompromisse und dazu angenehme Modalitäten – das ist ein Luxus.
Eine andere, bittere Situation, die den ohnehin großen Stress noch steigert, ist leider oft der Fall. Wer unter Zeitdruck eine Neue Wohnung sucht und sich auf den Prozess, zum Beispiel aufgrund einer Kündigung, überhaupt nicht freuen kann, ist nur schwer damit zu trösten, dass es am Ende vielleicht doch besser wird…
Denn es soll vor allem besser werden.
In meinen bisher absolvierten vier Umzügen war immer die Hoffnung dabei: Es kostet viel Arbeit, Geld, manchmal auch Verzweiflung – aber die Phase ist irgendwann vorbei und das Danach soll besser sein. Ich hatte Glück, (bis auf einen Umzug, bei dem das weinende Auge viel zu sagen hatte), meine Situation stets zu verbessern. So ist es auch leichter, eine gute Bleibe, die uns lange Jahre beherbergt hat, dankend zu verlassen, ohne Reue zurückzublicken.
Wenig Zeit bedeutet viele Fehler.
Mitten im Berufsleben eine Revolution namens Umzug zu meistern ist eine Leistung.
Aus meiner Erfahrung ist die Zeit, die man einplant, immer zu optimistisch eingeschätzt.
Wer last Minute Panikaktionen veranstaltet, macht Fehler aller Art. Ich kann natürlich keine Eckdaten liefern, was wie lange dauert. Aber einen Rat habe ich: Ab dem Moment der Entscheidung, wenn es klar ist, auch wenn der Tag X erst in drei Monaten kommt, sollte täglich etwas passieren.
Normalerweise kann die Planung der neuen Einrichtung auf den vorhandenen oder selbst erstellten Grundrissen helfen, die Möbel und Funktionen theoretisch zu verteilen. So kann es sich herausstellen, dass der Platz nicht für alles reicht.
Wenn bei der Aktion einige Gegenstände aussortiert werden müssen, sollte das relativ früh passieren. Nur so hat man noch Muße, die ganzen Optionen auszuschöpfen, die vorm finalen Wegschmeißen möglich sind. Ich hatte Glück, meine Freundin brauchte gerade Möbel als ich wusste, dass ich einige nicht mitnehmen konnte. So sind meine teilweise selbst gestalteten Stücke in guten Händen gelandet und ein Austausch der Leistungen fand statt – ein paar Mal Haareschneiden umsonst!
Lokale Medien bieten Kontakte in der Nachbarschaft, Tauschläden, Sozialkaufhäuser – Möglichkeiten gibt es.
Was ich immer wiederholen muss: Die Wegschmeißerei ist das Letzte!
Wer schleppt: Freunde oder Firma?
Bei mir waren Freunde bis zum vorletzten Umzug 2007 die Lösung, mit kleinem Buffet am Ende. Das Wuppen klappte super – aber ich wusste, dass es das letzte Mal war. Ich hab auch einige Umzüge von Freunden mitgemacht, das ging in den jungen Jahren super. Wenn man aber merkt, alle werden älter, dann ist Schluss.
Die Wahl zwischen Geld sparen und Kraft sparen ist bei mir seit dem letzten Mal (danke Bandscheibe) eindeutig: Firma. Diese Entscheidung schnell zu treffen kann ich sehr empfehlen, danach hat man Zeit für den Vergleich der besten Angebote, im Bekanntenkreis häufen sich Empfehlungen und es ist ein gutes Gefühl, die Firma seines Vertrauens zu finden.
Ich erinnere mich, parallel zu unserem Umzug mit der Firma fand ein zweiter Umzug im selben Haus statt, aber mit einer Ameisenkette aus Freunden. Einer unseren Athleten hatte einen Lachkrampf, als er eine junge Frau gesehen hat, die eine einzige Blumenvase in die vierte Etage befördert hat.
Meine Erfahrung dazu: Man packt Sachen anders für den Selbsttransport und anders, wenn fremde Menschen sie wuppen und stapeln sollen.
In meiner Eigenregie habe ich sogar unverpacktes Porzellan in Papier-Einkaufstaschen transportiert. Für Kartons der Firma wird alles sehr vorsichtig abgesichert, also viel mehr Zeit und eventuell auch Verpackungsmaterial geopfert.
Die Kartons, die Firmen mitbringen, dürfen bis zu einem bestimmten Gewicht gefüllt werden, auch wenn zum Beispiel noch mehrere Bücher von Platz aus reinpassen würden. Hier gelten Arbeitsbedingungen, die mit der Firma abgesprochen werden!
Früher, als ich selbst viel getragen habe, war meine Methode für Bücher und Alben – Einkaufstaschen aus Papier. Ich kann nicht gut schwere Kartons tragen, dafür waren diese Taschen mit ihren Griffen sehr hilfreich (Schwer aber nicht zu schwer – lieber mehrfach laufen).
Nachhaltiges Verpackungsmaterial
– kann überall organisiert werden, in vielen Läden gibt es mittlerweile Bereiche mit leeren Kartons zum Mitnehmen, auch an dem Tag vor der Papierabholung stehen in Städten feste Kartons auf den Straßen.
Die Umzugsfirmen bringen Leihkartons mit. Es kann aber sein, dass man sowieso später für die Kellerlagerung oder Dachgeschoss eigene Kartons noch gut gebrauchen kann.
Wer keine Firma engagiert, besorgt Kartons selbst – die können im guten Zustand für andere Menschen noch nützlich sein und günstiger verkauft werden.
Zeitungen können tonnenweise vor der Wickelaktion gestapelt werden, wenn man selbst nur Onlineausgaben liest, kann immer jemand in der Nachbarschaft gefragt werden.
Kunstwerke und Spiegel sind in der Luftpolsterfolie tatsächlich am sichersten, aber da andere Sachen in Handtücher und Kleidung eingewickelt werden können, muss nicht gleich eine riesige Rolle Noppenfolie gekauft werden. Hier kann sicherlich auch etwas geliehen werden – ich als Künstlerin habe natürlich meinen Vorrat, immer wieder im Einsatz.
Generell gilt – es lässt sich in Ruhe sehr viel Material organisieren und nicht unbedingt kaufen. Obwohl ein paar blaue IKEA-Taschen schon viele Umzüge gerettet haben.
Egal was man macht – es bleibt immer ein Rest.
Es ist vielleicht bei Lebensentwürfen „Nichts außer Laptop und Zahnbürste“ möglich, alles sauber an einem Tag zu erledigen. So wie ich das kenne, bleibt immer noch ein Rest – im Keller oder in den Ecken und am Ende wird sowieso besenrein geputzt – je nach Abgabe vielleicht sogar noch renoviert. Aber auch das ist irgendwann vorbei und uff.
Eine Chance im Chaos
besteht für mich darin, dass aus dem Anlass des Umzugs jedes Ding des Lebens einmal in der Hand gehalten wird und es wird überlegt, ob es uns weiter begleiten soll. Ein Reset des eigenen Lebens ist eine Form des Chaos mit viel Potential. Die Beschäftigung mit der Materie ist eine gute Übung im privaten, aber auch nachhaltigen und sozialen Denken.
Unvergesslich erschöpft…
Die Zeit effektiv einzuplanen ist eine Sache, trotzdem schufteten wir mit meinem Freund, jeder bei sich, da wir zusammenzogen, bis zum letzten Moment.
Eine liebe Freundin hat mit mir Kartons gepackt am Abend vor dem Tag X, das hat mir sehr viel geholfen. Sie ging dann in ihre Wohnung um die Ecke, als es schön spät war. Von dort rief sie mich an, und sagte „Du schaffst es nie“, was der Wahrheit entsprach. In 10 Minuten war sie wieder bei mir, ich habe Tee gemacht und wir zerknüllten Zeitungen für meine Weingläser und Tassen. Wir waren körperlich und mental erschöpft. Das beste Beispiel dafür war, als ich in der neuen Wohnung den Karton geöffnet habe, fand ich eine zur Hälfte mit Tee gefüllte Teekanne drin. Aber auch für die Gladiatoren von der Firma eine gute Werbung: Kein Tropfen ging verloren!